Montag, 15. Oktober 2012

Warum ich bin wie ich bin - my Story

Es war einmal...

vor langer Zeit in einem weit entfernten Ort, da lebte die kleine, etwas dralle, 13-jährige Maya, die sich zu fett fand und deshalb aufhörte zu essen. Ihren Eltern fiel es nicht auf, weil sie den ganzen Tag auf der Arbeit waren und Maya sich alle Mühe gab, es zu vertuschen. Ihre Freunde schienen es auch nicht zu bemerken. Außerdem begann die kleine Maya damit Badminton zu spielen und täglich mehrere Hundert Sit-ups zu machen.

Maya aß pro Tag einen Apfel und eine Scheibe Toastbrot - das musste reichen. Das machte die kleine, dumme Maya so lange, bis sie einen tollen Körper hatte .... und regelmäßig zusammenbrach. Da griff ihre Mutter ein, denn das kann man nur schwer vertuschen.

Die Kurve bekommen

Ein paar Kilo mussten wieder drauf, darauf bestanden die liebevolle Mama und der Arzt. Der Körper war noch immer super. In Größe 36 fühlte Maya sich anschließend sehr wohl (damals waren die Größen noch etwas anders, heute wäre das bestimmt eine 38). Und so vergingen ein paar Jahre in denen einige ihrer Freundinnen sie beneideten und sie fühlte sich großartig. Jung, schön, intelligent. Sie fühlte sich als würde die ganze Welt ihr zu Füßen liegen. Was für ein Gefühl! Sie würde es für immer in ihrem Herzen tragen und in schweren Zeiten daran denken. Alles war perfekt.

Der Absturz

Dann kamen die Schmerzen an ihrer rechten Flanke. Sie kamen von jetzt auf gleich, im September, kurz nach ihrem 18. Geburtstag. Sie raubten ihr den Atem und jegliche Vernunft. Ihren Rucksack musste ihr kleiner Bruder ihr zum Schulbus tragen, denn sie hatte Schmerzen. Große Schmerzen, jeden Tag und niemand fand heraus, was es war. Sie wurde von Arzt zu Arzt geschickt und nichts passierte, nur eine immer größere Dosis Schmerztabletten, die alsbald keine Wirkung mehr zeigten.
Der Schmerz hatte sich schnell ausgebreitet: über die rechte Flanke, den kompletten Rücken, die linke Flanke, die Schultern. Es schmerzte bei jedem Atemzug. An Bewegung war fast nicht mehr zu denken. Aber sie hatte Angst, wollte nicht ins Krankenhaus, tat normal, ging an den Tagen, an den der Schmerz unter Tabletten zu ertragen war, sogar zur Schule. Sie wollte die Schmerzen wegreden. An einem Tag in der Schule brach sie nach einer Matheklausur zusammen, erhielt irgendwelche komischen Spritzen. Die Schmerzen waren kurz weg, sie kam wieder nach Hause. Ursache der Schmerzen? Unbekannt. Und die Schmerzen waren nicht für immer weg. In der Nacht kamen sie erneut - schlimmer als je zuvor.

Luftanhalten für immer? - Meine Nahtoderfahrung

Allein aus dem Bett aufstehen war unmöglich, aber ihr war so schlecht. So kämpfte sie gegen den eigenen Körper und es gelang ihr. Mit wankenden Schritten erreichte sie das Badezimmer. Ihre Atemzüge kurz und flach, ihre Lunge kurz vor dem Zusammenklappen. So setzte sie sich auf den Toilettendeckel, sie konnte nicht mehr. Sie schloss die Augen. Jeder Atemzug tat so weh, dass sie davon weinen musste und sie wünschte sich weit fort, heraus aus ihrem Körper. An einen Ort, an dem sie endlich keine Schmerzen mehr spüren musste. Mittlerweile war es Dezember. 2,5 qualvolle Monate lagen hinter ihr und sie konnte nicht mehr, wollte nicht mehr.
Also hörte sie einfach auf zu atmen. Plötzlich war es wie auf Wolken. Keine Schmerzen, keine Angst. Umhüllt von völliger Dunkelheit und Stille saß sie da und wollte diesen Ort (ihren Zustand) nie wieder verlassen. Befreit von aller Last des Seins.


Die Rettung - "Wach doch endlich auf! Du musst atmen!"

Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war. Es kam ihr vor wie eine Ewigkeit. Da hörte sie plötzlich eine Stimme in der Ferne. Die war sehr gedämpft, sie konnte sie kaum verstehen. "Wer ist da? Was willst du von mir?" brachte ihr müder Geist in ihrem Kopf noch zustande. Die Stimme wurde lauter, deutlicher. Es war ihr Bruder. Er schrie sie flehend an: "Maya wach auf! Wach doch endlich auf! Du musst atmen!" Worte, die sich für immer in ihr Gehör brennen sollten. Dann kamen weitere Stimmen, die sie aber nicht verstand. Die Eltern. Sie begriff langsam was geschah. Angst machte sich in ihr breit und sie wusste nicht, was sie tun sollte. Wie komme ich hier raus? Unerwartet schaffte sie es die Augen aufzureißen. Sie begann wieder zu atmen - flach und schnell - denn die Schmerzen waren sofort wieder da. Dann musste sie husten. Die Schmerzen zerrissen sie beinahe. Sie hustete Blut und konnte und wollte sich nicht mehr wehren. So groß ihre Angst vor dem Krankenhaus auch war, ihre Angst ihr Leben zu verlieren war größer.

Unerwartete Diagnose

Am Abend der Einlieferung ins Krankenhaus hatte dies Weihnachtsfeier. Sie lag lange auf dem Gang, ehe man sie endlich auf die Intensivstation brachte und sie unter starke Schmerzmittel setzte. Sie begann zu fantasieren, wie im Wahn.

Am nächsten Morgen endlich erfuhr sie, was mit ihr los war: Lungenembolie und Lungenentzündung. Blutgerinnsel in einer entzündeten Lunge. Wie konnte das passieren? Man wusste es nicht. Heute weiß man: es liegt in ihren Genen, ein Defekt. Als tickende Zeitbombe lief sie durch die Gegend. Das Blut ständig zu dickflüssig, jederzeit die Gefahr einer Thrombose, Embolie, eines Infarkts - und das mit 18 Jahren.

Therapie

Antibiotika und Blutverdünner wurden ihr verabreicht und die bedrückendste Zeit ihres Lebens begann. Man hatte Angst, dass die Gerinnsel sich aus der Lunge lösen könnten und einen Infarkt hervorrufen und so wurde sie behandelt wie ein rohes Ei, immer mit Samthandschuhen angefasst und sie war genervt. Sport durfte sie nicht mehr treiben. Sie war frustriert, durfte nicht mal allein mit dem Hund spazieren gehen. Und so begann sie zu essen und wurde sehr schnell sehr gewichtig.

Steh zu dir!

Ihr Selbstbewusstsein litt zunächst enorm, aber irgendwann erkannte sie, dass sie ausbrechen muss. Sie wollte nicht mehr wie ein rohes Ei behandelt werden und so brach sie aus: sie zog 500km weit weg, um ein duales Studium zu beginnen - und ein neues Leben.
Sie lernte sich zu lieben, egal ob dick oder dünn. Sie wurde selbstbewusster als je zuvor und traf den Mann ihres Lebens.

Und hier steht sie heute: Maya, 22 Jahre alt. Stolz noch am Leben zu sein und noch stolzer, sich trotz ihrer Fehler zu lieben und geliebt zu werden. Und besonders stolz auf ihren kleinen Bruder, der ihr im Dezember 2008 das Leben gerettet hat.

Noch ein paar Worte zum Schluss

Nichts macht dich einzigartiger als deine Erfahrungen. Ich bin durch die Hölle gegangen und nun noch stärker als je zuvor. Was uns nicht umbringt, macht uns wirklich stärker. Jetzt setze ich mir neue Ziele. Für den Mann meiner Träume will ich bis 2015 die schönste Frau der Welt werden, deshalb nehme ich ab. Außerdem will ich mein Master-Studium besser abschließen als mein Bachelor-Studium.

Jeder hat eine Geschichte. Was ist deine? Was treibt dich an?

Herzliche Grüße
Maya

P.S.: In der Matheklausur hatte ich übrigens eine 2+. Es gibt Dinge, die vergisst man nicht. Sorry für den langen Post, aber ich musste es mal gesagt haben. :)



3 Kommentare:

  1. Wow...
    Ich weiß irgendwie nicht richtig was ich dazu sagen soll...
    Ich freu mich für dich, dass es alles gut gelaufen ist und du daraus positive Energie schöpfen konntest!
    Ich denke wer sowas erlebt hat, weiß erst wie sehr man das Leben schätzen sollte...

    Danke, dass du uns das erzählt hast :)

    Liebe Grüße!

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    1. Man lernt dadurch, jeden Tag intensiver zu leben. Ich freue mich über so viele kleine Dinge, die mir täglich begegnen. Daher kommt wahrscheinlich auch meine positive Grundeinstellung.
      Jeder durchlebt mal schlechte Phasen, aber seit 2008 weiß ich, dass alles gar nicht so schlimm ist, wenn man es aus einem anderen Winkel betrachtet, weil ich am eigenen Leib erfahren habe, wie viel schlimmer es kommen kann.

      Ich habe auch fast einen Monat lang überlegt, ob ich darüber schreiben soll, aber gestern fiel mir auf: warum nicht? Warum soll ich mich verstecken? So bin ich, das ist mir passiert und dazu stehe ich auch.

      Viele liebe Grüße!!

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  2. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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